Gelingt Bildung im 21. Jahrhundert mit den Techniken von gestern?
Laut tönt das Schnauben der massiven Kaltblutpferde über das Gelände der Freien Schule
in Grabow. Eingeladen von Schüler:innen der FSW, besuchte Kay Stolzenberg, nebst
seinen Kaltblutpferden „Konrad“ & „Dukat“ am Mittwoch den 16.03.22 das Projekt. Ihr
gemeinsames Ziel war es, ein brachliegendes Grundstück in einen fruchtbaren Acker zu
verwandeln.
Die Schüler:innen der Jugendschule haben dieses Grundstück für die kommenden 2 Jahre
unentgeltlich von der Familie Bikowski zur Nutzung überlassen bekommen.
Stolzenberg, selbst Vater an der Schule, zeigte den Schüler:innen die alte Technik des
Pflügens mit Pferden, dabei erklärte er die Vorteile dieser alten Kulturtechnik.
Stolzenberg blickt auf jahrelange Erfahrung in der Arbeit mit Pferden in der Forst- und
Landwirtschaft zurück und kann den Schüler:innen Expertenwissen und Know How
vermitteln.
Der Aktionstag ist eingebunden in das Konzept der Jugendschule. Die Klassenstufen 7
und 8 der Freien Schule Wendland arbeiten hier jahrgangsübergreifend basierend auf den
Erkenntnissen von Dr. Maria Montessori. Praktische Tätigkeiten im
Verantwortungsbereich der Jugendlichen werden mit theoretischen Themen des
Lehrplans verbunden.
So haben die Schüler:innen sich intensiv mit den Themenkomplexen Landwirtschaft und
Nachhaltige Entwicklung beschäftigt.
Die Schüler:innen der „Farmgruppe“ haben entschieden in diesem Jahr hauptsächlich
Gerste und Mais anzubauen. Dafür wird die Wiese im ersten Schritt gepflügt.
Im kommenden Winter wird es als Futter für die Hühner: Butterblume, Herr Göckel,
Lady Amalcia und Beißi dienen, die seit Herbst 2021 auf dem Schulgelände leben.
Deren Eier werden im Kiosk der Jugendschule verkauft. Vor dem Aussäen des Getreides
werden die Hühner in ihrem mobilen Stall den Boden vorbereiten.
Geerntet werden soll das Getreide im Spätsommer wiederum mit alten Kulturtechniken
des Sensens und des Dreschens. Zu diesem Thema werden die Schüler:innen andere
Expert:innen zu einem Aktionstag einladen.
Ein Teil der Wiese bleibt „Wilde Wiese“ und dient als Lebensraum für zahlreiche
Insekten.
Schüler:innen der FSW lernen im Netzwerk und in Kreisläufen zu denken und zu
handeln, erläutert Marco Viering, Lernbegleiter und Koordinator der Jahrgangsstufen 7/8
an der FSW.
Durch die Arbeit mit alten Kulturtechniken begreifen sich Jugendliche als aktiven Teil
der Geschichte. Sie lernen ihre kulturellen Wurzeln kennen und begreifen Zukunft als
gestaltbaren Prozess.
Durch die Arbeit mit dem Boden, den Pflanzen und den Tieren erleben Jugendliche sich
als Teil eines lebendigen Kreislaufs, für den sie und wir alle Verantwortung tragen.
Im achtsamen Umgang mit diesem globalen Netzwerk, und in kreativen gemeinsamen
Lösung aller damit verbundenen Herausforderungen, liegt eine der Kernaufgaben der
Bildung im 21. Jahrhundert, so Viering weiter.
Das Netzwerk der Freien Schule in Grabow ist heute um einen Knotenpunkt reicher
geworden.
Die Pferde steigen erschöpft in ihren Anhänger, die Schüler:innen verabschieden sich von
ihnen und Kay Stolzenberg nach diesem gelungenen Tag.
(Text und Foto: Marco Viering)